Über (meinen) Lungenkrebs
Ich habe einen metastasierten Lungenkrebs, unheilbar sagen die Ärzte.
Ein nicht- kleinzelliges Bronchialkarzinom, ein sog. Adenokarzinom. Dieses Karzinom ist weniger eng mit dem Nikotinkonsum assoziiert, es tritt bei Raucher*innen und Nichtraucher*innen auf.
Meine Mutation nennt sich EGFR, die häufiger bei Frauen als bei Männern vorkommt und insgesamt 10–15 % der Lungenkarzinome ausmacht, insbesondere bei nicht rauchenden Frauen und Asiaten*innen.
Es gibt keine Vorsorgeuntersuchungen für Lungenkrebs, wie bei z.B. bei Brust – oder Darmkrebs. Deswegen wird dieser oft erst - wie bei mir - im metastasierten und somit im sog. Endstadium, dem Stadium IV, entdeckt. Behandelt werde ich zielgerichtet, mit einem sog. Tyrosinkinasehemmer.
Im Juli 2021 wurde eine Vergrößerung meines Tumors festgestellt. Nach einer gescheiterten Bronchoskopie wurde mir erfolgreich durch eine CT - Punktierung Gewebe entnommen und festgestellt, dass meine Tumor mutiert ist, das heißt dieser hat eine Resistenz gegenüber dem Erstmedikament entwickelt. Ein normaler Vorgang. Es gibt noch ein Folgemedikament, danach gibt es nur noch eine Chemo oder die Lungenkrebsforschung hat bis dahin was neues entwickelt und die Freigabe ist schon durch. Das dauert in der Regel aber Jahre in Deutschland. Leider wurde auch festgestellt, dass ich sich noch eine MET- Amplifikation entwickelt hat. Das passiert nur 3 - 5% Krebspatienten*innen mit meiner EGFR Mutation. Das heißt, ich benötige ein Zweitmedikament. Mit viel Ärger und Stress verbunden kämpfe ich um die Freigabe eines Medikaments mit der Krankenkasse. Diese ist 2 x abgeschmettert worden. Im Dezember / Anfang Januar' 22 hatte ich eine Strahlentherapie, da sich der Tumor weiter ausgedehnt - und weitere Lypmhknotenmetastasen im Mediastinum gebildet hat.
Im Mai hat sich der Tumor dann aber wieder so agressiv ausgebreitet, dass ich nicht um eine Chemotherapie herumkam, es sah nicht gut aus ( siehe dazu auch die Podcastfolge "Meine Diagnose: Zwischen Leben & Sterben . Diese machte ich ganzheitlich stationär in der Klinik Bad Trissl in Oberaudorf. Die Chemo wirkte schnell wie nach 4 Zyklen im Staging zu sehen war: Die Metastasen sind verschwunden, keine Hirnmetastasen und der Tumor ist wieder geschrumpft. Meine Onkologin wollte eine Dauerchemo, ich habe diese abgelehnt, ich möchte mich nicht " zu Tode therapieren" und meinen Körper sich von der Chemo erst einmal erholen lassen. Im November`22 hatte ich erneut ein Staging und das große Glück noch stabil zu sein.
Jetzt werde ich weitersehen.....(Stand Dezember 2022)
Nichtraucherkrebs
Es besteht immer noch das Klischee, dass Lungenkrebs nur vom Rauchen kommt, das entspricht nicht mehr der Realität, ca. 25 % der Lungenkarzinome weltweit treten bei Nichtrauchern auf.
Eine Analyse zeigte, dass etwa jede/r achte Patientin Nie-Raucher war. Frauen, die noch nie geraucht hatten, waren häufiger betroffen als Männer. Dies gilt für alle Altersgruppen, Ethnien und Lungenkrebsarten.
Dr. Scheffler von der Lung Cancer Group Cologne:
„Es ist wichtig, darüber aufzuklären, dass mindestens 20 Prozent der Lungenkrebspatienten nie geraucht haben. Dies sind meist besonders junge Personen, Mitte 20".
„Jeder der eine Lunge hat kann auch Lungenkrebs bekommen".
Wie entsteht der Lungenkrebs?
Krebsauslösende Stoffe gelangen meist über die Atemluft in die Lunge. Dazu zählen Rauchen, auch Passivrauchen, sowie Radon, Feinstaub, Dieselmotorabgase, Asbest und Quarzstäube.
Luftverschmutzung und Krebs:
Geht es um Lungenkarzinome durch Luftverschmutzung ist Feinstaub der wichtigste Risikofaktor. Damit sind kleinste Partikel gemeint, die in die Lunge vordringen und dort Entzündungen und Lungenkrebs auslösen können. Ein Beispiel sind Teilchen, die beim Reifenabrief auf den Straßen entstehen. Doch die Hauptquellen für Feinstaub in Deutschland sind Verbrennungsprozesse im Haushalt und in der Industrie, aber auch im Straßenverkehr.
Studien zeigen, dass Personen, die oft und über einen längeren Zeitraum Dieselabgasen ausgesetzt sind, ein höheres Lungen-, Blasen- und Brustkrebsrisiko aufweisen
Holger Schulz, ehemaliger Direktor des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum München, hat mehrere Studien zu den Gefahren durch Luftverschmutzung geleitet. Er forderte mit anderen Experten im Namen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie Politik, Industrie und Bevölkerung zum Umdenken auf, um endlich mehr Regularien und Anreize zur Schadstoffvermeidung zu schaffen. "Wir haben es mit einem enormen Gesundheitsproblem zu tun, das praktisch jeden einzelnen Bürger betrifft und dem sich niemand entziehen kann", sagt Schulz. "Das lässt sich nicht wegdiskutieren." Die Bevölkerung in Deutschland verliere durch Luftverschmutzung jährlich 600 000 Lebensjahre, so seine Berechnung. Neben Lungenkrebs, Infarkt und Schlaganfall gebe es auch einen Zusammenhang zwischen Schadstoffen in der Luft und Leiden wie Diabetes und Demenz.
Die gesundheitsschädlichen Effekte von Luftschadstoffen sind gut untersucht und belegt
Im Vergleich dazu werde die Zahl der auf das Rauchen zurückgehenden Todesfälle – inklusive des Passivrauchens – von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf global 7,2 Millionen jährlich geschätzt, erläutern die Forscher. Ein Mensch könne sich allerdings entscheiden, nicht zu rauchen – der Luftverschmutzung aber könne er nicht ausweichen.
Auch Ammoniak kann zu gesundheitsgefährdendem Feinstaub reagieren. Seit 1990 sind die Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft kaum gesunken.
Laut einer aktuellen Studie gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und Krebserkrankungen, der in Zukunft zu mehr Fällen von Krebs beitragen wird, so das Ergebnis dieser Untersuchung von Forschenden der University of California San Francisco. Diese Studie wurde in der englischsprachigen Fachzeitschrift „The Lancet Oncology“ im November 2020 veröffentlicht.
Die akuten Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit finden zunehmend Beachtung, aber die langfristigen Auswirkungen und Gesundheitsrisiken wie beispielsweise in Bezug auf Krebs sind nur wenig bekannt. Hier haben die Forschenden anhand einer Auswertung bisher verfügbarer Studien zu dem Thema untersucht, welche Auswirkungen der Klimawandel auf das Krebsrisiko hat. Krebs wird allgemein als die häufigste Todesursache im 21. Jahrhundert prognostiziert. 2017 gab es weltweit 24,5 Millionen neue Krebsfälle und 9,6 Millionen Todesfälle, ein markanter Anstieg gegenüber 2008 mit 12,7 Millionen Fällen und 7,6 Millionen Todesfällen.
Die Autoren sagten, dass die größten Krebsbedrohungen wahrscheinlich von Luftverschmutzung, Exposition gegenüber ultravioletter Strahlung und Industriegiften sowie Störungen der Nahrungs- und Wasserversorgung ausgehen. Lungenkrebs, bereits weltweit die Hauptursache für Krebstodesfälle, wird voraussichtlich aufgrund der zunehmenden Feinstaubbelastung in der Luftverschmutzung zunehmen, die schätzungsweise für bis zu 15 Prozent der Neuerkrankungen verantwortlich ist.
Die zunehmende Belastung durch Feinstaub bei der Luftverschmutzung sei schätzungsweise für bis zu 15 Prozent der Neuerkrankungen verantwortlich.
Durch die Verringerung der Umweltverschmutzung könnten die Todesfälle durch Lungenkrebs zurückgehen. Es gibt zahlreiche klinische, verhaltensbezogene und politische Lösungen, um den Klimawandel zu verlangsamen und damit auch Krebsfälle und Todesfälle zu verhindern, betonen die Fachleute.
Durch die COVID Pandemie ist jetzt an der Zeit, diesen Ehrgeiz auf die Bewältigung der Klimakrise anzuwenden”, fügt die Studienautorin Naomi Beyeler hinzu.
Was hat sich in der Forschung getan?
Zielgerichtete Therapien
"Die Prognose bei (nicht metastasierten) Lungenkrebs ist heute kein Todesurteil mehr. Es tut sich enorm viel bei den Diagnose- und Therapiemöglichkeiten. Wir können Patienten, die geraucht haben, genauso helfen wie denen, die nie geraucht haben. Dafür müssen wir zusammen mit den Patientenvertretungen noch mehr Bewusstsein schaffen" (Dr. Scheffler Lung Cancer Group Cologne)
Jedoch können ohne Biomarker-Tests Lungenkrebspatienten*innen die Gelegenheit verpassen, Therapien zu erhalten, die auf ihre Art von Lungenkrebs zugeschnitten sind. Leider wissen viele Onkologen noch nicht von diesem „Biomarker-test". Darauf macht das „National Netzwerk für genomische Medizin“ (nGGM), die „Lungcancer Group Cologne“ und das Patientennetzwerk "Zielgenau" aufmerksam.
Dank zielgerichteter Medikamente gibt es inzwischen eine Gruppe von Lungenkrebspatienten*innen, die schon als Langzeitüberlebende angesehen werden können – und das in einer Indikation, in der sich vor zehn Jahren nur palliativ behandeln ließ. Lungenkrebs ist in der Präzisionsmedizin die Spitze des Speers. Die Fortschritte werden immer schneller vorangetrieben, aber da Lungenkrebs häufig erst im fortgeschrittenen und metastasierten Tumorstadium diagnostiziert wird, ist die Aussicht auf Heilung meist gering.
Aber es können viele nicht heilbare Patienten in ein sehr gut kontrollierbares Stadium mit sehr guter Lebensqualität überführt werden.
Ein Problem in der Behandlung ist, dass die Krebszellen immun gegen die Medikamente werden. Schuld daran ist eine Besonderheit von Krebszellen: Ihr Erbgut ist instabil, es verändert sich ständig - es kommen Mutationen hinzu, die neue, oftmals gefährliche Eigenschaften hervorbringen. Krebsforscher sprechen deswegen von Tumor-Evolution: Die Krebszellen passen sich mit ihren genetischen Veränderungen an die Behandlung an. Selbst wenn ein Patient ein wirksames Medikament bekommt, kann sich jederzeit eine Tumorzelle verändern, die darauf nicht mehr anspricht. Die Ärzte müssen also am besten die molekulare Entwicklung des Tumors überwachen und ihm dicht auf den Fersen bleiben. So können sie den Patienten auch belastende Therapien ersparen, die sie vielleicht gar nicht benötigen. Oder solche, die ihnen nicht mehr helfen können.
Quellen:
University of California San Francisco: Climate Change Will Give Rise to More Cancers (veröffentlicht 04.11.2020), UC San Francisco
Robert A Hiatt, Naomi Beyeler: Cancer and climate change, in The Lancet Oncology (veröffentlicht Volume 21, ISSUE 11, e519-e527, 01.11.2020), The Lancet Oncology
https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/lungenkrebs/risikofaktoren.php
https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2F2017%2F18%2Ffeinstaub-grenzwerte-belastung-medizin-land-luftverkehr%2Fkomplettansicht
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Fordert-dreckige-Luft-mehr-Tote-als-Rauchen-253990.html
https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/feinstaub-stickoxid-grenzwerte-1.4299418
https://daskwort.de/starke-stimmen/podcasts/jeder-der-eine-lunge-hat-kann-auch-lungenkrebs-bekommen
(https://daskwort.de/starke-stimmen/interviews/du-bist-doch-selbst-schuld-vorurteile-bei-lungenkrebs/)